Etwa 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland leiden an einem Reizdarmsyndrom und immer mehr Menschen zeigen Nahrungsmittel-Intoleranzen. Beide Krankheiten weisen Überlappungen und ähnliche Beschwerden auf wie Bauchschmerzen, Blähungen und Völlegefühl. Wissenschaftliche Untersuchungen der letzten zehn Jahre zeigen dabei einen Zusammenhang mit sogenannten fermentierbaren Oligo-, Di- und Monosacchariden und Polyolen (FODMAP), die natürlicherweise in zahlreichen Nahrungsmitteln vorkommen. Allgemein gelten aufgenommene Nahrungsmittel nicht als Ursache für ein Reizdarmsyndrom (RDS). Eine FODMAP-reduzierte Ernährung kann bei sensiblen Personen die Beschwerden reduzieren und die Lebensqualität erhöhen. Eine Reihe von Studien belegen, dass die so genannte FODMAP Diät zu einer deutlichen Linderung der Symptome bei Reizdarmsyndrom-Patienten führen kann.¹
Was bedeutet FODMAP?
FODMAP (Abkürzung von: fermentable oligo-, di- and monosaccharides and polyols – fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole) steht zusammenfassend für kurzkettige Kohlenhydrate, die die Beschwerden von Reizdarmsyndrom-Patienten verstärken können.² Leider sind diese in zahlreichen Nahrungsmitteln enthalten, darunter Weizen, ausgewählte Obst- und Gemüsesorten sowie in Milchprodukten. Eine Vermeidung dieser Lebensmittel im Rahmen einer Diät ist auf den ersten Blick nicht gerade einfach. Denn, wie die folgende Tabelle zeigt, ist unsere westliche Ernährungsform besonders reich an Oligosacchariden wie Fruktane oder am Monosaccharid Fruktose.
Quelle: FODMAP-Gruppen mit Nahrungsbeispielen nach Maissen und Kiss³
FODMAP Nahrungsmittel können vom Dünndarm nur schwer resorbiert werden. Sie sind recht klein, osmotisch aktiv (wasserziehende Wirkung) und es kommt zu einer schnellen Fermentierung durch die Darmbakterien. Gelangen größere Mengen an FODMAP in unseren Darm, ist es möglich das zwei Auswirkungen entstehen, die das Reizdarmsyndrom auslösen oder verstärken. Zum einen kommt es durch die Fermentation zur Bildung von Gasen, zum anderen gelangt durch den osmotischen Charakter der FODMAP Wasser in den Dickdarm.⁴
FODMAP-Diät – Möglichkeiten und Grenzen
Diverse Studien (siehe Fussnote 1) haben bereits die Wirkung und Möglichkeiten der FODMAP-Diät bei Patienten mit Reizdarmsyndrom belegt. Demnach konnte bei etwa 85 Prozent das Reizdarmsyndrom reduziert werden und auch Begleiterscheinungen wie Völlegefühl, Bauchschmerzen oder Diarrhö verringert werden. Möglich wird das durch die Ernährungsumstellung im Rahmen der FODMAP Diät, durch die sowohl der osmotische Druck sowie die Gasentwicklung im Dünn- und Dickdarm verringert werden.
Bevor Reizdarm-Patienten jedoch die FODMAP Diät in Betracht ziehen, sollten andere Erkrankungen wie Zöliakie, entzündliche Darmerkrankungen, Bakterienfehlbesiedlung des Dünndarms und Intoleranzen ausgeschlossen werden.
Die FODMAP Diät hat auch Ihre Grenzen, denn aufgrund der unübersichtlichen Inhaltsstoffe der verschiedensten Lebensmittel ist eine Umsetzung ohne Ernährungsberater nur schwer dauerhaft möglich. Darüber hinaus besitzt die FODMAP-Diät keine Auswirkung auf die Darmschleimhaut, die insbesondere bei Reizdarmsyndrom-Patienten von Entzündungen betroffen sein kann. Hier ist der Einsatz von Mikrobiotika notwendig, der über inflammatorische Auswirkungen verfügt.⁵
Umsetzung der FODMAP-Diät in 3 Schritten
Zunächst sollten Patienten mit Reizdarmsyndrom vor einer Ernährungsumstellung prüfen lassen, ob eine Fruktose- und/oder Laktose-Intoleranz vorliegt (H2-Atemtests). Wird hier ein negativer Befund bestätigt, darf der Patient diese Kohlenhydrate maßvoll weiter genießen.⁶
Empfehlenswert ist es, die Diät von einem erfahrenen Ernährungsberater begleiten zu lassen. Denn es fehlen sowohl konkrete FODMAP Grenzwerte, als auch nachvollziehbare Gehaltsangaben zu den jeweiligen Nahrungsmitteln. Darüber hinaus ist es sinnvoll, wenn der Reizdarmsyndrom-Patient ein Ernährungstagebuch führt, um mögliche problematische Lebensmittel im Nachgang identifizieren zu können.
- Schritt - die Restriktion: Im ersten Schritt der FODMAP Diät benötigt der Reizdarmsyndrom-Patient in einem Zeitraum von 6-8 Wochen eine Schulung zu FODMAP-armen Nahrungsmitteln, um zunächst die Zufuhr deutlich zu verringern. Nach diesem Zeitraum kann das erste Mal überprüft werden, ob eine Verbesserung eintritt.
- Schritt 2 - Reexposition: In diesem Schritt werden ausgewählte FODMAPs wieder genau geplant konsumiert, um die Toleranz des Körpers darauf zu testen. Beispielsweise kann gezielt Honig zugeführt werden, um die Toleranz auf Fruktose zu prüfen. Der Zeitraum ist variabel und kann systematisch ausgedehnt werden, um möglichst viele Lebensmittel auf Verträglichkeit hin zu prüfen und die dauerhafte Ernährungsvielfalt zu ermöglichen.
- Schritt - Aufrechterhaltung: Im letzten Schritt werden ganz individuell auf den Patienten abgestimmte FODMAP-Gehalte bestimmt, die auch im Rahmen einer langfristigen Ernährung problemlos aufnehmbar sind. Nahrungsmittel die Symptome auslösen, können so Schritt für Schritt durch verträgliche Varianten ausgetauscht werden.⁷
Quellen:
[1] Gibson PR. The evidence base for eicacy of the low FODMAP diet in irritable bowel syndrome: is it ready for prime time as a first-line therapy? J Gastroenterol Hepatol. 2017; 32(1):32-35 3., Marsh A. et al. Does a diet low in FODMAPs reduce symptoms associated with functional gastrointestinal disorders? A comprehensive systematic review and meta-analysis. Eur J Nutr. 2016; 55(3):897-906 4., Nanayakkara WS. et al. Eicacy of the low FODMAP diet for treating irritable bowel syndrome: the evidence to date. Clinical and Experimental Gastroenterology 2016; 9:131–142 5.
[2] Eswaran S. et al. Nutrition in the management of gastrointestinal diseases and disorders: the evidence for the low FODMAP diet. Curr Opin Pharmacol. 2017; 37:151-157
[3] Maissen S, Kiss C. FODMAP-Konzept: Praktische Umsetzung und Fallbeispiele. Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 3/13
[4] Williams, M. The Low FODMAP Diet for Irritable Bowel Syndrome. Journal for Health Care Professionals. 2014. http://www.drschaerinstitute.com/smartedit/documents/download/dsif_02_2014_us_the_low_fodmap_diet _4.pdf, Wilhelmi M et al. FODMAP – eine häufige Ursache unklarer abdomineller Beschwerden. Schweiz Med Forum 2014;14(48):909-914
[5] Ducrotté P et al. Clinical trial: Lactobacillus plantarum 299v (DSM 9843) improves symptoms of irritable bowel syndrome. World J Gastroenterol 2012; 18 (30): 4012-401
[6] Wilhelmi M et al. FODMAP – eine häufige Ursache unklarer abdomineller Beschwerden. Schweiz Med Forum 2014;14(48):909-914 und Maissen S, Kiss C. FODMAP-Konzept: Praktische Umsetzung und Fallbeispiele. Schweizer Zeitschri für Ernährungsmedizin 3/13
[7] Wilhelmi M et al. FODMAP – eine häufige Ursache unklarer abdomineller Beschwerden. Schweiz Med Forum 2014;14(48):909-914 und Maissen S, Kiss C. FODMAP-Konzept: Praktische Umsetzung und Fallbeispiele. Schweizer Zeitschri für Ernährungsmedizin 3/13
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