Unsere Kinder sind stark mit Weichmachern belastet! - Lösungen für den Alltag

Eine Studie des Umweltbundesamts und des Robert Koch-Instituts¹ konzentrierte sich auf das "Human-Biomonitoring" von 3- bis 17-Jährigen. Dabei wurden 15 Stoffe getestet, darunter größtenteils in Kunststoffen enthaltene Weichmacher. Das Ergebnis: In den Urinproben konnten bei 97 bis 100 Prozent der 2500 Teilnehmer Rückstände von 11 der 15 getesteten Stoffe nachgewiesen werden.

Was sind Weichmacher?

Bei Phthalaten handelt es sich um künstliche Chemieverbindungen, die in der Industrie zum Weichmachen von Kunststoff genutzt werden. Darunter gibt es eine Reihe von Stoffen, deren gesundheitsschädigende Effekte unter anderem auf unser Hormonsystem oder unsere Leber bekannt sind.² Für Phthalate existieren verschiedene Grenzwerte und die Verarbeitung beispielsweise in Babyspielzeug oder Kosmetika ist mittlerweile verboten.

Entwicklung in den vergangenen Jahren

Bereits seit 1985 führt das Umweltbundesamt (UBA) die Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit durch. Dabei handelt es sich um eine großangelegte Querschnittstudie zur Ermittlung und Aktualisierung von repräsentativen Daten zur Schadstoffbelastung in unseren Körpern.³ Das Umweltbundesamt (UBA) warnt seit ein paar Jahren regelmäßig vor Phthalaten und dem am häufigsten verwendeten und im Urin nachgewiesenen Phthalate DEHP. DEHP wird über Lebensmittel, aber insbesondere von Kleinkindern stark über den Hausstaub und Gegenstände, die in den Mund gesteckt werden, aufgenommen.

Besorgniserregende Ergebnisse

Der Bericht bezieht sich auf eine Feldarbeit der Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (kurz: GerES V) vor. Dabei wurden Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 17 Jahren in GerES V einbezogen. Bei der Querschnittsstichprobe für die aktuell in Deutschland lebenden 0- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen zum Einsatz, kam eine Stichprobe von Adressen aus den Registern der Einwohnermeldeämter. Zusätzlich wurde eine nach dem Zufallsprinzip gezogene Teilstichprobe zur Untersuchung eingeladen.

Es erfolgte u. a. eine Kontrolle von Blut, Morgenurin, Haushaltstrinkwasser, Innenraumluft, Schallpegel, Hausstaub und Feinstaubbelastung. Die folgende Übersicht veranschaulicht die untersuchten Details:

 

Umweltbundesamt_Untersuchung_-Kinder_Plastik

Abbildung 1: Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2018-11-02_uug_06-2018_vorbereitung_geres-2014-2017.pdf Seite 28


Ergebnisse im Überblick:

  • nahezu alle Kinder und Jugendlichen weisen Plastikinhaltsstoffe im Körper auf
  • die jüngsten Kinder sind besonders betroffen
  • jedes vierte Kind zwischen 3-5 Jahren stark mit Chemikalien belastet
  • besonders besorgniserregend sind hohe Werte an PFOA (Perfluoroctansäure), die z. B. bei der Herstellung von Outdoorkleidung oder Pfannenbeschichtungen verwendet wird. Bei 20 Prozent der Teilnehmer lagen sie über dem Grenzwert, bei den jüngeren Kindern war der Anteil sogar höher.

"Unsere Studie zeigt eindeutig, dass Plastikinhaltsstoffe mit steigender Produktion auch vermehrt im Körper auftreten. Dabei ist wirklich besorgniserregend, dass die jüngsten Kinder als die sensibelste Gruppe am stärksten betroffen sind." (Dr. Marike Kolossa-Gehring, eine der Autorinnen der Studie und Toxikologin beim Umweltbundesamt im Spiegel Interview)

"Es ist zu wenig erforscht, wie die vielen Stoffe in ihrer Summe auf unsere Körper wirken. Es kann nicht sein, dass jedes vierte Kind zwischen drei und fünf Jahren so stark mit Chemie belastet ist, dass langfristige Schäden nicht sicher ausgeschlossenen werden können" (Dr. Bettina Hoffmann, Umweltgesundheitsexpertin der Bundestagsfraktion)

EU-Verbot für den Weichmacher PFOA ab 2020 mit falschen Signalen

Die Studie des Umweltbundesamts zeigt im Vergleich zu älteren Ergebnissen, dass Verbote von Chemikalien, die bereits seit 2015 nicht mehr zulässig sind, langfristig Wirkung zeigen. Ein Beispiel hierfür ist Blei, bei dem die Belastung im Vergleich zur Studie aus 2006 deutlich zurückgegangen ist.⁵ In der EU ist Perfluoroktansäure (PFOA) ab 2020 nicht mehr zulässig, denn die Chemikalie baut sich in unserer Umwelt nicht ab und ist nachgewiesen giftig für den Menschen. Das Verbot gilt jedoch nicht durchgängig.⁶

So gut der Vorstoß zum PFOA Verbot zunächst klingen mag, es existieren bereits jetzt eine Reihe von Sonderregeln und langen Übergangsfristen für Latexdruckfarben und Ausrüstung für die Fertigung von Halbleitern (5 Jahre), Arbeitsschutztextilien (6 Jahre), Membranen für medizinische Textilien, sowie für die Filterung bei der Wasseraufbereitung, bei Herstellungsverfahren und bei der Abwasserbehandlung (6 Jahre), Plasmananobeschichtungen (6 Jahre), Medizinische Produkte (ausgenommen implantierbare Materialien) (15 Jahre). Das Verbot erstreckt sich überhaupt nicht auf fotographische Beschichtungen für Filme, Papier und Druckplatten oder implantierbare medizinische Produkte.

Ernüchterndes Fazit: Eine Schadstoffbelastung mit PFOA und anderen Weichmachern ist in zahlreichen Bereichen auch weiterhin vollkommen legal. Eine ernste Gesundheitsgefahr, gerade für unsere Kinder, wird damit weiter billigend in Kauf genommen.

 

Letztlich ist liegt es auch in unserer Hand, wie viel Plastik wir in unserem Alltag zulassen.⁷ 

  • NATURPRODUKTE STATT KUNSTFASERN
    Beim Waschen von Kunstfasern wie Polyester lösen sich winzig kleine Faserteile aus der Kleidung, werden mit dem Abwasser fortgespült – und landen am Ende im Meer. Zudem ist für die Herstellung von Kunstfasern viel mehr Energie nötig als bei der Baumwollproduktion. Der Blick aufs Etikett vorm Kauf lohnt also.
  • UNNÖTIGES PLASTIK REDUZIEREN
    Müssen Einwegflasche, Plastikgeschirr oder 1-Euro-Nippes unbedingt sein? Wahnsinn, welcher Aufwand etwa für einen Wegwerflöffel betrieben wird. Wäre es da nicht sinnvoller, wenn wir unser Besteck einfach abwaschen? Viele Plastik-Gadgets im Alltag sind komplett überflüssig. Deshalb: Einfach mal den schnellen Griff zu Dingen hinterfragen, die es auch aus schönen, langlebigen Materialien wie Holz, Glas, Stoff oder Metall gibt.
  • AUFRÄUMEN – WEG MIT DEM MÜLL!
    Egal, ob man an der Ostsee oder in den Alpen zuhause ist: Plastikmüll gelangt nicht nur über Strände, sondern auch über Flüsse ins Meer. Deshalb: Ärmel hochkrempeln und bei Müll-Aufräumaktionen mitmachen. Oder selbst welche initiieren – damit Plastikmüll in der Umwelt keine Chance hat.
  • BEI KOSMETIK AUF INHALTSSTOFFE ACHTEN
    Viele Körperpflegeprodukte und Kosmetika enthalten feste, flüssige und wachsartige Kunststoffe. Sie dienen als Schleif-, Binde- oder Füllmittel. Dabei gibt es Alternativen – Naturkosmetik kommt ohne die Zutat Plastik aus. Plastik im Produkt zu erkennen, ist nicht ganz einfach. 
  • MIT RUCKSACK, KORB, STOFFTASCHE EINKAUFEN
    76 Plastiktüten verbraucht jeder Deutsche im Durchschnitt pro Jahr. Viel zu viele! Dabei gibt es nachhaltige Alternativen: Körbe, Rucksäcke, Stofftaschen. 
  • ZEIT NEHMEN STATT „TO GO“
    Jährlich werden mehr als 100 Millionen Tonnen Plastik für Produkte hergestellt, die weniger als fünf Minuten genutzt werden, etwa Einweggeschirr und Becher für „To Go“-Kaffee. Mit unserer Bequemlichkeit wächst auch der Plastikmüll-Berg. Dabei tut es gut, den Alltag zu entschleunigen: Auf den Plastikdeckel beim Kaffee verzichten und lieber in Ruhe eine Tasse im Café trinken oder selbst einen Espresso oder Filterkaffee kochen (nicht aus Kapseln, selbstverständlich). Trotz bestem Willen keine Zeit? Da helfen die oft schicken Thermobecher, die sich immer wieder mitnehmen lassen – und den Kaffee wärmer halten als jeder Einwegbecher.
  • DIE MACHT ALS KUNDE NUTZEN
    Derzeit werden 311 Millionen Tonnen Plastik im Jahr produziert, Tendenz stark steigend. Hauptabnehmer ist die Verpackungsindustrie – die damit vor allem Produkt-Marketing betreibt. Doch der Inhalt wird dadurch nicht besser. Deshalb möglichst unverpackte Lebensmittel kaufen oder nur solche in größeren Packungen. 
  • MÜLL SAMMELN UND TRENNEN
    Auch wenn es manchmal umständlich ist: Beim Müll das Plastik von den anderen Materialien trennen, damit sich dieser Wertstoff wiederverwerten lässt. In keinem anderen Land der Europäischen Union wird so viel Plastik verbraucht wie in Deutschland. Umso wichtiger, dass es mehrmals eingesetzt werden kann.
  • REPARIEREN, UMGESTALTEN, UPCYCELN
    Nicht immer gleich in die Tonne damit: Auch manche Plastikgegenstände lassen sich reparieren. Oder umwidmen. Wenn etwa der Käse nun schon in einer Plastiktüte verpackt ist: Kann die vielleicht wenigstens noch als Frischhaltebeutel dienen? Und – wer weiß? – vielleicht lässt sich ja aus dem ein oder anderen ausgedienten Kunststoffteil etwas ganz Neues, Schönes, Nützliches kreieren? Pflanztöpfe, Schalen oder gar stylische Vorhänge aus den blumenförmigen Böden von Einweg-Plastikflaschen, zum Beispiel. Jede Menge Ideen für Plastikmüll-Upcycling gibt es im Netz.

 

 

Quellen:

[1] Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, GerES 2014 - 2017: Vorbereitung und Durchführung der Feldarbeit inklusive Datenlieferung, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2018-11-02_uug_06-2018_vorbereitung_geres-2014-2017.pdf, 2018
[2] Bundesinstitut für Risikobewertung: "Fragen und Antworten zu Phthalat-Weichmachern" , https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_phthalat_weichmachern-186796.html, 2013
[3] Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, GerES 2014 - 2017: Vorbereitung und Durchführung der Feldarbeit inklusive Datenlieferung, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2018-11-02_uug_06-2018_vorbereitung_geres-2014-2017.pdf, 2018
[4] Bundesinstitut für Risikobewertung: "Fragen und Antworten zu Phthalat-Weichmachern" , https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_phthalat_weichmachern-186796.html, 2013
[5] Spiegel: "Fast alle Kinder sind mit Weichmachern belastet", https://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/weichmacher-und-pfoa-fast-alle-kinder-mit-gesundheitskritischen-chemikalien-belastet-a-1286708.html, 2019
[6] UmweltBundesamt, "EU verbietet PFOA", https://www.umweltbundesamt.de/themen/eu-verbietet-pfoa, 2019
[7] Greenpeace,  https://www.greenpeace.de/themen/endlager-umwelt/plastikmuell/10-tipps-fuer-weniger-plastik, 2019

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