In zahlreichen Ländern gehört Weizen zu den Grundnahrungsmitteln. Moderne Weizensorten und Züchtungen mit veränderten Proteinen sowie die Zubereitung der Weizenprodukte führen jedoch teilweise zu heftigen Reaktionen unseres Körpers. Darunter u. a. Leaky Gut, Oxidation, Entzündungen, Immunreaktionen u. v. m. Worin liegen die Ursachen? Aktuelle Forschungsarbeiten an der Harvard Universität liefern wertvolle Antworten zur Behandlung getreidebedingter Erkrankungen.¹
An der Harvard Universität in Boston und am Institut für Transnationale Immunologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurden unter Führung von Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan (weltweit führende Wissenschaftler und Arzt auf dem Gebiet der Getreideunverträglichkeiten) Auslöser möglicher körperlicher Beschwerden und deren Ausprägung beim Getreideverzehr untersucht. Darüber hinaus beschäftigt sich Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan in einer weiteren aktuellen Studie mit weizenhaltiger Ernährung und der Schwere einer Multiple Sklerose-Erkrankung (MS).²
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Zöliakie, Getreideallergien und ATI-Sensitivität
Unterschieden wurde in den Forschungsarbeiten von Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan zwischen Zöliakie, Getreideallergien und der ATI-Sensitivität. Bei Amylase-Trypsin-Inhibitoren (Abkürzung: ATI) handelt es sich um natürlich vorkommende Eiweiße.
Eine erste Erkenntnis aus der Forschungsarbeit war die Entdeckung der Transglutaminase als Zöliakie-Auto-Antigen. Darauf basierend entwickelte das Forscherteam einen weltweit genutzten Test. Darüber hinaus gelang ihnen die Entdeckung der ATI (Amylase Trypsin Inhibitoren), die eine ATI-Sensitivität (eine Weizensensitivität) verursachen und somit chronische Krankheiten und Allergien verstärken können. In Zusammenarbeit mit Frau Prof. Fritscher-Ravens gelang dem Forschungsteam darüber hinaus der Nachweis,
- dass rund 70 % aller Reizdarm-Syndrom-(RDS)-Patienten in Wahrheit unter einer Nahrungsmittelallergie leiden.
- Bei denen rund 50 % auf Weizen allergisch reagieren und somit eine neue Form einer Weizenallergie zeigen.³
Rund 15 % aller Deutschen erhalten die Diagnose Reizdarm-Syndrom. Bei 70 % dieser Patienten konnte das Forscherteam um Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan einen Zusammenhang mit Nahrungsmitteln belegen. Zwei Drittel der Personen reagierte reaktiv auf vier Nahrungsmittelallergene: Weizen, Milchproteine, Soja und Hefe.
Weizenhaltige Ernährung und Multiple Sklerose
Eine aktuelle Studie des Forschungsteams der Universitätsmedizin Mainz hat die potenzielle Auswirkung einer weizenhaltigen Ernährung auf die Schwere von Multiple Sklerose (MS) untersucht.² Dabei wurden Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI), natürliche Proteine im Weizen, als maßgeblicher Faktor identifiziert, während Glutenproteine keinen signifikanten Einfluss auf entzündliche Reaktionen zeigten. Die Ergebnisse dieser Studie, veröffentlicht in den renommierten Fachzeitschriften „Gut“ und „Therapeutic Advances in Neurological Disorders“, werfen ein neues Licht auf die Bedeutung der Ernährung und der Darmgesundheit bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie MS.
Die Forschungsleiter erläuterten, dass ATI-Proteine, die in Weizen, Gerste und Roggen vorkommen, Entzündungen im Darm auslösen können, wodurch bestehende Entzündungsprozesse im Körper verstärkt werden. Sowohl im Tiermodell als auch in einer klinischen Pilotstudie konnte gezeigt werden, dass eine weizenhaltige Ernährung die Schwere der MS-Symptome erhöht. Interessanterweise wirkten sich die ATI-Proteine wesentlich stärker auf die Krankheitsentwicklung aus als die Glutenproteine. Die Ergebnisse der Tierstudie zeigten deutlich, dass selbst minimale Mengen an ATI-Proteinen die Symptome der MS verschlechtern können, während eine weizenfreie Ernährung einen positiven Effekt hat. In einer klinischen Pilotstudie mit MS-Patienten, die eine weizenreduzierte Diät einhielten, wurden weniger Schmerzen und eine Verringerung entzündlicher Immunzellen im Blut festgestellt. Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Ernährung einen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf von entzündlichen Erkrankungen wie MS haben kann. Eine weizenfreie Ernährung könnte daher eine vielversprechende Strategie sein, um die Schwere der Symptome zu mildern.
Neue Therapie-Möglichkeiten
Die Beschreibung und Ergebnisse der Forschungsarbeiten sowie adäquate Therapiemöglichkeiten werden in dem Buch "Tägliches Brot: Krank durch Weizen, Gluten und ATI" von Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan und Kristin Gisbert-Schuppan zusammengefasst. Schuppan möchte mit dem Buch Polarisierungen aufheben, Informationslücken schließen und umfassende Klarheit zu den Ursachen von Getreideunverträglichkeiten und getreidebedingten Erkrankungen: Zöliakie, typische und untypische Getreideallergien sowie ATI-Sensitivität schaffen.⁴ Dabei liefert er wissenschaftliche Fakten mit zahlreichen Fallbeispiele, die er dem Leser verständlich und praxistauglich vermittelt.
Während er bei Getreideallergien eine strikte Vermeidung von Weizen empfiehlt, gibt es für Patienten mit einer ATI-Sensitivität andere Möglichkeiten, u. a. die Herstellung ATI-armer, aber durchaus glutenhaltiger Backwaren. Schuppan behandelt dabei weizen- und glutenbedingte Erkrankungen nach dem aktuellen Stand der klinischen und basiswissenschaftlichen Forschung. Komplexe Zusammenhänge, wie z. B. die Immunologie des Darms werden für Patienten so erklärt, dass die Krankheitsbilder besser verständlich sind. Für Gastroenterologen oder Allergologen liefert Schuppan wissenschaftliche und klinische Daten.
Er beschreibt, dass bei vielen chronischen Erkrankungen und auch bei Allergien durch das Weglassen von Weizen eine Verbesserung eintritt. Das trifft sogar dann zu, wenn keine konkrete Weizenallergie vorliegt. In zwei Studien am Mausmodell konnte er belegen, dass ATI die Symptome einer bestehenden Allergie verstärken können, auch wenn keine Weizenallergie besteht. Denn die ATI wirken als Beschleuniger anderer Allergien. Zahlreiche Patienten, die auf Weizen verzichtet haben, berichten von einer deutlichen Verbesserung der Symptome.⁵
Buchempfehlung: Tägliches Brot: Krank durch Weizen, Gluten und ATI
Literatur/Quellen:
¹ „Forscher suchen Ursachen und Grundlage für Weizenunverträglichkeit“, DFG-gefördertes Kooperationsprojekt der Universitäten Mainz und Hohenheim sucht nach verträglicheren Weizensorten http://www.uni-mainz.de/presse/74731.php, Stand November 2018
² Universitätsmedizin Mainz: "Ernährung als Risikofaktor der Multiplen Sklerose" Schuppan D.
https://www.unimedizin-mainz.de/presse/pressemitteilungen/aktuellemitteilungen/newsdetail/article/ernaehrung-als-risikofaktor-der-multiplen-sklerose.html?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=03a939cb2e9ec1b2cb5e56c02621febc , 2024
³ Zevallos VF, Raker VK, Maxeiner J, Scholtes P, Steinbrink K, Schuppan D.Dietary wheat amylase trypsin inhibitors exacerbate murine allergic airway inflammation. Eur J Nutr. 29. März 2018. doi: 10.1007/s00394-018-1681-6. sowie Bellinghausen I, Weigmann B, Zevallos V, Maxeiner J, Reißig S, Waisman A, Schuppan D, Saloga J. Wheat amylase/trypsin inhibitors exacerbate intestinal and airway allergic immune responses in humanized mice. J Allergy Clin Immunol. 21, März 2018. doi: 10.1016/j.jaci.2018.02.041
⁴ Vgl. Schuppan, D.; Gisvert-Schuppan, K.: "Tägliches Brot: Krank durch Weizen, Gluten und ATI", Vorwort S. VIII
⁵ Zevallos VF, Raker VK, Maxeiner J, Scholtes P, Steinbrink K, Schuppan D.Dietary wheat amylase trypsin inhibitors exacerbate murine allergic airway inflammation. Eur J Nutr. 29. März 2018. doi: 10.1007/s00394-018-1681-6. sowie Bellinghausen I, Weigmann B, Zevallos V, Maxeiner J, Reißig S, Waisman A, Schuppan D, Saloga J. Wheat amylase/trypsin inhibitors exacerbate intestinal and airway allergic immune responses in humanized mice. J Allergy Clin Immunol. 21, März 2018. doi: 10.1016/j.jaci.2018.02.041
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