Multitalente kurzkettige Fettsäuren und deren Einfluss auf unseren Darm und unser Gehirn

Multitalente kurzkettige Fettsäuren wie Propionsäure bzw. Propionate und deren Einfluss auf unseren Darm und unser Gehirn

Eine aktuelle Studie aus 20211 sieht neue Möglichkeiten zur Therapie rund um eine Senkung von LDL-Cholesterin. Darin spielt das Mikrobiom unseres Darms eine zentrale Rolle. Denn unsere Darmflora hat erheblichen Einfluss auf den Cholesterinstoffwechsel. In diesem Zusammenhang liegt der Fokus auf kurzkettigen Fettsäuren, wie Propionsäure (Propionat), die bei der Fermentierung durch Darmbakterien produziert werden und die Aufnahme von Cholesterin im Darm hemmen können.

Ein Kardiologenteam um PD Dr. Arash Haghikia der Charité - Universitätsmedizin Berlin untersuchte einen vollkommen neuen Ansatz bei der Senkung von Cholesterin, bei dem unser Darmmikrobiom die Hauptrolle spielt.

Welches Risiko birgt ein hoher LDL-Cholesterin-Wert?

Cholesterin ist ein fetthaltiger Stoff, der in unserem Körper zahlreiche Aufgaben übernimmt. Er ist unter anderem am Aufbau unserer Zellmembranen sowie an Stoffwechselprozessen in unserem Gehirn beteiligt.

Für den Transport von Cholesterin in unserem Blut, kommt es zu einer Verbindung zwischen der fettähnlichen und somit wasserunlöslichen Substanz (Lipid) mit einem wasserlöslichen Eiweißbausteinen. Desto größer der Lipid-Anteil im Cholesterin, umso geringer die Dichte und höher die Schädlichkeit der Verbindung. Aus diesem Grund wird LDL-Cholesterin im Volksmund auch als “böses” Cholesterin bezeichnet.

Bereits leicht erhöhte Cholesterinwerte können zu deutlichen Verkalkungen der Gefäße führen. Zu hohe LDL-Cholesterinwerte erhöhen Risiken für Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.

Was ist Propionsäure (Propionat)?

Bei Propionsäure handelt es sich um kurzkettige Fettsäuren. Aus Tierstudien ist bereits bekannt, dass das Mikrobiom des Darms den Stoffwechsel von Cholesterin reguliert.

Mehr über das Mikrobiom unseres Körpers erfahren Sie auch in unserem Beitrag: Faszination Mikrobiom: Moderne Diagnostik und Therapien bei Darmerkrankungen

Bei Propionat handelt es sich um eine kurzkettige Fettsäure, die bei der Regulierung unserer Stoffwechselprozesse beteiligt ist.

Propionsäure ist natürlich in einer Reihe von ätherischen Ölen enthalten, wird aber auch in unserem Körper von Bakterien im Darm gebildet. Dazu gehören unter anderem die sogenannten Clostridien. Sie leben in unserem Dickdarm und bilden Propionat aus unverdauten Kohlenhydraten.

Rolle der Darm-Hirn-Achse

Die Darm-Hirn-Achse spielt im Zusammenhang mit unterschiedlichen Erkrankungen, darunter Alzheimer und Parkinson oder Multiple Sklerose eine zentrale Rolle. Im Darm sind Fettsäuren wie Propionsäure dabei von enormer Bedeutung.

Unsere Immunzellen, die für die Abwehr zuständig sind, werden auch als Mikrogliazellen bezeichnet und sind besonders im Hirn aktiv. Werden in unserem Darm durch die dort ansässigen Bakterien nicht ausreichend Stoffwechselprodukte geliefert, kommt es zum Aushungern der Mikrogliazellen.

Eine weitere Studie zeigt, dass für ein gesundes Gehirn folglich die richtigen Bakterien im Darm genügend Ballaststoffe zugeführt bekommen müssen. Denn sind die Darmbakterien gut versucht, können Sie ihre Aufgabe nachkommen aus unverbaubaren Ballaststoffen Fettsäuren zu produzieren.2

Propionsäure beeinflusst die Darm-vermittelte Immunregulation aber auch bei Patienten, die unter Multipler Sklerose (MS) leiden. Wird zusätzlich zu MS Medikamenten auch Propionsäure eingenommen, kann sich die Rate an Schüben langfristig minimieren und das Risiko für eine zunehmende Einschränkung gesenkt werden.3 Im Video wird deutlich, dass Prof. Dr. Aiden Haghikia dazu auf das Nahrungsergänzungsmittel Propicum4 setzt.

Quelle:
https://www.planet-wissen.de/video-wie-der-darm-multiple-sklerose-beeinflusst-100.html

Details der Studie

Im Rahmen einer klinischen randomisierten Doppelblindstudie, an der 79 Probanden mit erhöhtem LDL-Cholesterinspiegel von > 115 mg/dl teilnahmen, konnte Kardiologe Dr. Haghikia das LDL-Cholesterin deutlich senken. Er behandelte die Teilnehmer mit Propionat und konnte gegenüber der Placebogruppe einen Rückgang von 8,1 % im Vergleich zu 0,5 % in der Vergleichsgruppe erzielen.

Zusätzlich wurde auch der gesamte Cholesterin-Spiegel unter Propionat Zufuhr um -7,3 % gesenkt. Keine Effekte verzeichnete die Propionatgabe auf HDL-Cholesterin, Triglyzeride und das Körpergewicht.

Mehr Propionsäure kann das Immunsystem stärken

Nach 2 wöchiger Einnahme von Propionsalz konnten die Ärzte im Blut der Probanden eine signifikante Zunahme der Immunzellen feststellen – und gleichzeitig verminderten sich die Entzündungszellen. Obwohl die Studie in Bochum bereits abgeschlossen ist, nehmen 50 der hundert Probanden das Propionsalz weiter. Auch der Studienleiter, Dr. Ralf Gold, Neurologe am St. Josef-Hospital in Bochum, hat das Propionsalz genommen. Er versichert, dass außer Blähungen keine Nebenwirkungen aufgetreten seien.

Kurzkettige Fettsäuren bei Allergien

Schweizer Forscher am Universitäts-Kinderspital Zürich, am Christine-Kühne-Center for Allergy Research and Education und dem Schweizerischen Institut für Asthmaforschung haben die Stuhlproben von 300 einjährigen Kindern untersucht.

Dabei konnten sie einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Anteil an kurzkettigen Fettsäuren und dem Allergierisiko herstellen. Kinder mit hohem Propionat Werten erkranken seltener an Asthma. Dazu fasst die Studie zusammen: "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Strategien zur Erhöhung des Spiegels an kurzkettigen Fettsäuren eine neue ernährungsbasierte Präventionsoption für allergische Erkrankungen bei Kindern sein könnten".5

Welche Propionate gibt es und welche Nachteile besitzt Natrium-Propionat?

Hochkonzentrierte Propionsäure ist ätzend und sauer im Geschmack. Sie produziert jedoch Salze, wenn sie mit Natrium, Kalium oder Kalzium kombiniert wird. Diese Salze der Propionsäure heißen Propionate: Kalium-, Kalium und Calcium Propionate.

Forschungen am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIFE) zeigen, dass die Einnahme von kurzkettigen Fettsäuren ähnliche Vorteile mit sich bringt, wie der Konsum von Pflanzenfasern. Dabei setzten Sie auf hochreines Natriumpropionat (Propicum).6 Allerdings nehmen wir über die Nahrung bereits sehr viel Natrium auf, Aus diesem Grund ist auch der Einsatz von Kalium oder Calcium Propionate eine Alternative.

Unterstützung des Mikrobioms mit Propionat

Von unserem Mikrobiom abhängige Prozesse besitzen ein enormes Potenzial bei der Senkung von Cholesterin. Dabei traten unter Einnahme von Propionat nicht häufiger Nebenwirkungen auf, als beim Placebo-Medikament. Dr. Haghikia geht davon aus, dass die Einnahme der kurzkettigen Fettsäure unbedenklich ist.

Zusammenfassend erklärt er auf der diesjährigen DGK-Jahrestagung: „Über diese Ergebnisse hinaus macht die Studie aber auch das Potenzial deutlich, über Mikrobiom-abhängige Mechanismen neue Konzepte für die Prävention und Therapie kardiometabolischer Erkrankungen etablieren zu können“

Fazit: Mit diesem Ansatz ist eine Behandlung mit geringeren Nebenwirkungen, als bei bisher eingesetzten Medikamenten denkbar. Darüber hinaus eröffnet sich die Möglichkeit, über eine Ernährungsumstellung auf ballaststoff-/propionsäurereiche Lebensmittel eine langfristige Cholesterinsenkung zu unterstützen und einer Vielzahl an Erkrankungen sowie Allergien entgegenzuwirken.

Quellen

[1] Vgl. Haghikia A: Die Wirkung des Darm-Mikrobiom abhängigen Metaboliten. Propionsäure auf das LDL-Cholesterin: Eine doppelblinde, randomisierte und Plazebo-kontrollierte Studie; „Late Breaking Clinical Trials I“, 87. DGK-Jahrestagung, 7. April 2021.
[2] Vgl. Propionsäure und Propionsäurebakterien beeinflussen die Gesundheit - eine Literaturstudie, 10.34776/afs11-189, 2018
[3] Vgl. dmsg: AKTUELLES AUS DER MULTIPLE-SKLEROSE-FORSCHUNG: EINFLUSS VON KURZKETTIGEN FETTSÄUREN, https://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/ms-forschung/aktuelles-aus-der-multiple-sklerose-forschung-einfluss-von-kurzkettigen-fettsaeuren/,2020
[4] Vgl. Propicum, https://propicum.com/wop/wp-content/uploads/Beipackzettel_Propicum.pdf
[5] Vgl. obx-medizindirekt: Kurzkettige Fettsäuren als "Schutzschild" gegen Allergien?, https://presse.newswork.de/mailing/index.php?kundenID=14&id=4247, 2019
[6] Vgl. Flexopharm: "Kurzkettige Fettsäuren als "Schutzschild" gegen Allergien?", https://www.presseportal.de/pm/132673/4387239, 2019

Rechtlicher Hinweis:

Dieser Artikel wurde von uns ausschließlich zur Information verfasst und gibt Hinweise zu unterstützenden Maßnahmen, wie sie aktuell in der Medizin diskutiert werden. In jedem Fall sollten alle Maßnahmen mit dem behandelnden Arzt bzw. Therapeuten abgesprochen werden. Ein guter Allgemein- und Ernährungsstatus kann dem Organismus helfen, Erkrankungen vorzubeugen oder diese zu überwinden. Alle zu den Stoffen getroffenen Aussagen beschreiben Eigenschaften und physiologische Wirkungen, die bei Konsumenten natürlicherweise unterschiedlich ausfallen können und stellen keine Heil- oder Gesundheitsversprechen dar.

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