Forscher wie Nobelpreisträger Prof. Harald zur Hausen kämpfen seit längerem dafür, dass Erreger und Viren als ein Auslöser von Krebs begriffen werden.¹ Eine aktuelle Studie deutet auf Kuhmilcherreger und Viren in Rindfleisch hin, die eine Entstehung von Krebszellen fördern.² Virologe zur Hausen wies bereits in einem Interview 2008 darauf hin, dass mindestens 20 Prozent aller global auftretenden Krebsarten infektiösen Ursprungs sind. Viele Magenkrebse entstehen als Folge einer Ansteckung mit dem Bakterium „Helicobacter pylori“, Leberkrebse als Folge von Hepatitis-Viren einer Infektion mit Parasiten.
Quelle: Wissenschaft SPIEGEL-GESPRÄCH „Rindfleisch ist ein Risikofaktor“ mit Virologe und Nobelpreisträger Harald zur Hausen, 2008
Erreger aus Kuhmilch und Rindfleisch als potentielle Krebsauslöser
Schon 2015 hatte zur Hausen die Hypothese geteilt, dass die globale Epidemiologie von Darm- und Brustkrebs auf eine Übertragung von spezifischen Infektionen von Tieren auf Menschen zurückzuführen sein könnte. Zur Hausen verweist auf epidemiologischen Daten, die belegen, dass das Auftreten von Krebs entscheidend etwas zu tun hat mit dem Konsum von rotem Fleisch und dessen Zubereitungsarten. Bei Menschen, die viel blutiges Rindfleisch verzehren, steigt der Risikofaktor. Er selbst hegt seit der Auswertung der Ergebnisse eine „Abneigung gegen rohes Fleisch“.³
Das Forscherteam um zur Hausen vom deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg belegte nach mehr als 10 Jahren Forschung in diesem Jahr, dass Erreger aus Kuhmilch und aus Rindfleisch, so genannte BMMF (Bovine Milk and Meat Factors) bei einer frühkindlichen Infektion das Risiko später an Darmkrebs oder anderen Krebsarten zu erkranken, erhöhen können. Das Immunsystem des Menschen ist erst nach etwa einem Lebensjahr ausgereift. Die Forscher vermuten, dass Säuglinge bereits frühzeitig beim Zufüttern mit Kuhmilch infiziert werden.⁴ Viren, die von Tieren aufgenommen werden, wirken zwar beim Menschen meist nicht infektiös, können sich aber in unseren Zellgenen ablagern. Im Zusammenhang mit weiteren genetischen Veränderungen kann dies zur Entstehung von Krebszellen führen.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum veröffentlichte Anfang 2019 auf der Pressekonferenz „Neuartige Infektionserreger als Krebsrisikofaktoren“ die folgende These: “Verzehr von Milchprodukten und/oder Rindfleisch übertragene Infektion mit einem bislang unbekannten Erreger erfolgt im frühen Säuglingsalter. Die Erreger induzieren in bestimmten Geweben (Darm, Brust) eine chronisch-entzündliche Reaktion, die im umgebenden Gewebe die Krebsentstehung fördern kann. Zum Ausbruch der Krankheit kommt es Jahrzehnte nach der Infektion.“⁵
Ist eine Prävention möglich?
Menschen infizieren sich also bereits im frühen Säuglingsalter mit den BMMFs. Ab 12 Monaten ist das Baby wahrscheinlich immunkompetent und kann viele Erreger abwehren, insbesondere dann, wenn es lange gestillt wurde. Das Deutsche Krebsforschungszentrum äußert sich zur Prävention in der Pressekonferenz: „Ein Stillen von Kindern über 6 Monate hinaus kann vor der Infektion mit einer ganzen Reihe von Erregern schützen kann (Noroviren, Rotaviren, HIV). Ursache dafür sind bestimmte Zuckerverbindungen in der Muttermilch, die verhindern, dass die Erreger an die Rezeptoren der Zelloberfläche andocken, über die sie normalerweise ins Zellinnere gelangen. So enthält Muttermilch beispielsweise die protektiven Zuckerverbindungen Disialyl-lacto-NTetraose, 2‘-Fukosyllaktose und 3‘-Fukosyllaktose. Diese Verbindungen sind in der Milch anderer Tierarten nicht vorhanden. Bereits heute werden diese Zucker teilweise Milchpulvern für die Babynahrung zugesetzt. Es ist möglich, dass diese Verbindungen auch die Infektion mit BMMFs verhindern.“
Virologe zur Hausen sprach in einem Interview mit dem Spiegel bereits über das Thema Prävention im Zusammenhang mit Rindfleisch. Er persönlich verzehrt keine Steaks, die nur „Medium“ gebraten wurden, da im Inneren eines Steaks dann nur maximal 60 Grad herrschen, die nicht ausreichend sind, um die betreffenden Erreger abzutöten. Ebenso rät er vom regelmäßigen Genuss von rohem Rindfleisch zum Beispiel in Form von Carpaccio ab.⁶
Während Wissenschaftler und Mediziner lange Zeit davon ausgingen, dass Krebserkrankungen hauptsächlich auf genetische Faktoren zurückzuführen sind, ist inzwischen deutlich, dass das größte Risiko vorrangig von Lifestylefaktoren ausgeht. Lesen Sie mehr dazu in unserem Beitrag: Spotlight on: Therapie von Krebserkrankungen
Quellen:
[1] Wissenschaft SPIEGEL-GESPRÄCH „Rindfleisch ist ein Risikofaktor“ mit Virologe und Nobelpreisträger Harald zur Hausen, 2008
[2] Ärzte Zeitung online, Risikofaktor für Darmkrebs in Milch entdeckt, https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/article/982069/darmkrebs-forscher-entdecken-neue-erregerart-krebs.html, Stand: 26.02.2019
[3] Wissenschaft SPIEGEL-GESPRÄCH „Rindfleisch ist ein Risikofaktor“ mit Virologe und Nobelpreisträger Harald zur Hausen, 2008
[4] Infectious Causes of Cancer, Harald zur Hausen, Specific nutritional infections early in life as risk factors for human colon and breast cancers several decades later, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/ijc.31882 2018
[5] Pressekonferenz des Deutschen Krebsforschungszentrums „Neuartige Infektionserreger als Krebsrisikofaktoren“, Dienstag, 26. Februar 2019 11:00 bis 12:00 Uhr
[6] Wissenschaft SPIEGEL-GESPRÄCH „Rindfleisch ist ein Risikofaktor“ mit Virologe und Nobelpreisträger Harald zur Hausen, 2008
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