Gesättigte Fettsäuren - gesünder als gedacht?
Lange Zeit galten gesättigte Fettsäuren als schädlich. Eine ganze Reihe neuer Studien werfen jetzt ein neues Licht auf gesättigte Fettsäuren. Ist die Empfehlung der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) maximal 7-10 Prozent der täglichen Energiezufuhr damit abzudecken¹, überholt? Erweisen sich gesättigte Fettsäuren doch als vielseitiger, als bislang angenommen?
In unseren Köpfen galt es lange als gesetzt, dass gesättigte Fettsäuren ungesund sind. In unserer täglichen Ernährung halten die meisten von uns mit rund 15 % gesättigten Fetten aus Lebensmitteln am Tag die Empfehlungen der DGE nicht ein.² Neue Untersuchungen lassen jedoch Zweifel an dem alten Dogma aufkommen. Eine Reihe von Ernährungswissenschaftlern fordert sogar, die strengen DGE-Grenzwerte auf den Prüfstand zu stellen.³
Was sind eigentlich Fettsäuren?
Sie gelten als wichtige Grundbausteine unserer Zellen, transportieren fettlösliche Vitamine und sind wertvoller Bestandteil unserer Ernährung. Dabei unterscheiden wir in gesättigte sowie ungesättigte Fettsäuren.
Ungesättigte Fettsäuren werden als gesundheitsfördernd betrachtet. Gesättigte Fettsäuren hingegen stehen bislang unter Verdacht, das “schlechte” Cholesterin (Low-Density-Lipoprotein-Cholesterins (LDL-C)) und eine Atherosklerose (auch Arteriosklerose) sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu fördern.⁴ Auf Basis dieser Erkenntnisse gilt bisher die Empfehlung Lebensmittel, die reich an gesättigten Fettsäuren sind, wie beispielsweise Käse, rotes Fleisch oder auch pflanzliches Palm- und Kokosöl, nur in geringem Maße zu konsumieren.
Quelle: Ernährung: Gesättigte Fette nicht verteufeln, Dtsch Arztebl 2021; 118(7): A-359 / B-308
Aktuelle Studienlage: Erhöhen gesättigte Fettsäuren die Gefahr für kardiovaskuläre Erkrankungen?
Unter diesem Begriff werden Krankheitsbilder wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zusammengefasst. Prof. Dr. med. Arne Astrup, Direktor des Instituts für Sport und Ernährung an der Universität Kopenhagen, untersuchte das erhöhte Risiko durch gesättigten Fettsäuren und macht sich nunmehr stark, die geltenden Regelungen zu überdenken. Er empfiehlt, die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, dass kohlenhydratarme Diäten mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, die für die Kontrolle des Körpergewichts beliebt sind, bei manchen Menschen auch die Ausgangsvoraussetzungen für Stoffwechselkrankheiten verbessern können. Dabei möchte er aber betonen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen von Kohlenhydraten in der Nahrung - genau wie die von gesättigten Fettsäuren - von der Menge, der Art und der Qualität der Kohlenhydrate, den Nahrungsquellen, dem Grad der Verarbeitung usw. abhängen.⁵
Auch das Forschungsteam um Dr. med. Katharina Lechner spricht sich für einen Paradigmenwechsel in den Empfehlungen, konkret zur Ernährung bei Typ-2-Diabetes, aus. Anders als die überholten Warnungen vor Ketogener Ernährung und Low-Carb-Diäten, die unter anderem von einem gefährlichen Anstieg von LDL-C sprechen, bestätigen die Experten einen hohen Nährstoffreichtum, da leere, zuckerhaltige Nahrungsmittel reduziert werden. Die jahrelangen Vorbehalte gegen kohlenhydratreduzierte Diäten und Mahlzeitenersatz Konzepte wären damit hinfällig.⁶
Zu ähnlichen Erkenntnissen kommt die britische Ernährungswissenschaftlerin Dr. Lee Hooper. In Ihrer Forschung untersuchte sie 15 Studien, bei denen die Probanden im Schnitt fast fünf Jahre nach Anweisung der Wissenschaftler unterschiedliche Lebensmittel verzehrten mit dem Ergebnis, dass die Probanden, die gesättigte Fettsäuren einsparten, nicht weniger Herzinfarkte erlitten und auch nicht später starben.⁷
Prof. Dr. med. Stephan Martin vom, Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes und Gesundheitszentrum (WDGZ) spricht sich ebenfalls dafür aus, insbesondere bei der Beratung von Übergewichtigen sowie von Patienten mit Diabetes Typ 2 keine Angst vor gesättigten Nahrungsfetten zu verbreiten.⁸
Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnis: All diese Studien sowie die Framingham-Studie und die aktuelle PURE-Studie zeigen keine eindeutige Abhängigkeit zwischen dem Verzehr gesättigter Fettsäuren und dem Anstieg des kardiovaskulären Risikos.⁹
Fazit: Gesättigte Fettsäuren wesentlich vielseitiger, als bislang angenommen
Gesättigte Fettsäuren sind nicht per se schlecht für unsere Gesundheit. Vielmehr gilt es, wie in so vielen Bereichen unserer Ernährung, das richtige Maß zu finden. Das Team um Prof. Dr. med. Arne Astrup fordert dies in den aktuellen Empfehlungen rund um die Ernährung durch das DGE zu berücksichtigen. Insbesondere im Hinblick darauf, dass es nicht nur eine einzige gesättigte Fettsäure gibt, sondern 20 Variationen.
Während Käse beispielsweise mittelkettige Fettsäuren enthält, setzt sich rotes Fleisch aus langkettigen Fettsäuren zusammen. Die Forscher weisen darauf hin, die Aufnahme aller Lebensmittel zu beachten und dabei die sogenannte “Nahrungsmatrix” im Blick zu behalten. Nur so gelingt es alle positiven Aspekte für unsere Gesundheit zu nutzen und damit auch gesättigte Fette in unserer Ernährung als sinnvoll zu betrachten und zuzulassen.¹⁰
Die geschilderte Diskrepanz zwischen Datenlage und Lehre bzw. Empfehlungen ist nicht neu, sondern sie war schon bei Geburt der „Fett-Hypothese der Koronaren Herzkrankheit“ erkennbar. Mit der Zeit wurde die Diskrepanz mit immer mehr Studien und zahlreichen Meta-Analysen immer deutlicher, was aber zu keiner Änderung der Empfehlungen seitens der staatlich installierten Institutionen führte. Seit nunmehr 40 Jahren weist Prof. Dr. Nicolai Worm (LOGI-Methode) im Rahmen seiner Tätigkeit in Veröffentlichungen, Vorträgen und Seminaren immer wieder auf diese Missstände hin.
Daher empfehlen wir an dieser Stelle auch nochmal seine hervorragenden Bücher:
- Volkskrankheit Fettleber
- LOGI-Methode: Glücklich und schlank
- Menschenstopfleber: Die verharmloste Volkskrankheit Fettleber
- MEHR FETT! - Warum wir mehr Fett brauchen, um gesund und schlank zu sein
- Syndrom X oder Ein Mammut auf den Teller! Mit Steinzeitdiät aus der Wohlstandsfalle
Quellen
[1] Vgl. Wolfram G, Bechthold A, Boeing H, et al. Evidence-Based Guideline of the German Nutrition Society: Fat Intake and Prevention of Selected Nutrition-Related Diseases. Annals of Nutrition and Metabolism 2015; 67 (3): 141–204 CrossRef
und WHO. Guidelines: Saturated fatty acid and trans-fatty acid intake for adults and children. Geneva: World Health Organization. 2018; 2020. https://extranet.who.int/dataform/upload/surveys/666752/files/Draft%20WHO%20SFA-TFA%20guide-lines_04052018%20Public%20Consultation.pdf (last accessed on 7 June 2020).
[2] Vgl. Krems C, Walter C, Heuer T, et al. Nationale Verzehrsstudie II – Lebensmittelverzehr und Nährstoffzufuhr auf Basis von 24h-Recalls. 2013.
[3] Vgl. Ärzteblatt MEDIZINREPORT: "Ernährung: Gesättigte Fette nicht verteufeln", Dtsch Arztebl 2021; 118(7): A-359 / B-308, https://www.aerzteblatt.de/archiv/217927/Ernaehrung-Gesaettigte-Fette-nicht-verteufeln
[4] Vgl. Clarke R, Frost C, Collins R, et al. Dietary lipids and blood cholesterol: quantitative meta-analysis of metabolic ward studies. BMJ 1997; 314 (7074): 112, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2125600/
und Vgl. Ference BA, Ginsberg HN, Graham I, et al. Low-density lipoproteins cause atherosclerotic cardiovascular disease. 1. Evidence from genetic, epidemiologic, and clinical studies. A consensus statement from the European Atherosclerosis Society Consensus Panel. European Heart Journal 2017; 38 (32): 2459–72, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5837225/
[5] Vgl. Astrup A, Magkos F, Bier DM, et al. Saturated Fats and Health: A Reassessment and Proposal for Food-Based Recommendations. Journal of the American College of Cardiology 2020; 76 (7): 844–57 Saturated Fats and Health: A Reassessment and Proposal for Food-Based Recommendations: JACC State-of-the-Art Review - PubMed (nih.gov)
und Demasi M. US nutritionists call for dietary guideline limits on saturated fat intake to be lifted. BMJ 2020; 371: m4226 US nutritionists call for dietary guideline limits on saturated fat intake to be lifted - PubMed (nih.gov)
[6] Vgl. Dr. med. Katharina Lechner,Dr. Amy L. McKenzie, Prof. Dr. oec. troph. Nicolai Worm, Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen, Deutsches Herzzentrum München, München, Virta Health, San Francisco (USA), Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, Saarbrücken: "Paradigmenwechsel in den Empfehlungen zur Ernährung bei Typ-2-Diabetes", https://www.springermedizin.de/de/typ-2-diabetes/stoffwechselkrankheiten-und-ernaehrung/paradigmenwechsel-in-den-empfehlungen-zur-ernaehrung-bei-typ-2-d/18859856
[7] Vgl. Die Welt Wissen, "Die EHRENRETTUNG des Schweinespecks", Seite 20, Februar 2021
[8] Vgl. Editorial Stephan Martin: "Keine Angst vor Nahrungsfett!", In|Fo|Diabetologie, 2021, Seite 3, https://link.springer.com/article/10.1007/s15034-020-3645-1
[9] Vgl. Gordon T, Kagan A, Garcia-Palmieri M, et al. Diet and its relation to coronary heart disease and death in three populations. Circulation 1981; 63 (3): 500–15,
und Siri-Tarino PW, Sun Q, Hu FB, et al. Meta-analysis of prospective cohort studies evaluating the association of saturated fat with cardiovascular disease. The American Journal of Clinical Nutrition 2010; 91 (3): 535–46 und Chowdhury R, Warnakula S, Kunutsor S, et al. Association of dietary, circulating, and supplement fatty acids with coronary risk: a systematic review and meta-analysis. Ann Intern Med 2014; 160 (6): 398–406 und Dehghan M, Mente A, Zhang X, et al. Associations of fats and carbohydrate intake with cardiovascular disease and mortality in 18 countries from five continents (PURE): a prospective cohort study. Lancet 2017; 390 (10107): 2050–62
[10] Vgl. Astrup A, Magkos F, Bier DM, et al. Saturated Fats and Health: A Reassessment and Proposal for Food-Based Recommendations. Journal of the American College of Cardiology 2020; 76 (7): 844–57
Rechtlicher Hinweis:
Dieser Artikel wurde von uns ausschließlich zur Information verfasst und gibt Hinweise zu unterstützenden Maßnahmen, wie sie aktuell in der Medizin diskutiert werden. In jedem Fall sollten alle Maßnahmen mit dem behandelnden Arzt bzw. Therapeuten abgesprochen werden. Ein guter Allgemein- und Ernährungsstatus kann dem Organismus helfen, Erkrankungen vorzubeugen oder diese zu überwinden. Alle zu den Stoffen getroffenen Aussagen beschreiben Eigenschaften und physiologische Wirkungen, die bei Konsumenten natürlicherweise unterschiedlich ausfallen können und stellen keine Heil- oder Gesundheitsversprechen dar.
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