Unsere Gene alleine entscheiden nicht darüber, wie sich unser Leben entwickelt. Negativ-Stress, schädliche Chemikalien und weitere Einflüsse von außen können auf Dauer festlegen, welche Gene aktiv sind, sogar ohne dass sich die Buchstabenabfolge der DNA verändert. Offenbar bleiben einige solcher epigenetischen Veränderungen sogar in nachfolgenden Generationen erhalten. - Die Epigenetik erforscht also, wie Umwelteinflüsse und der Lebensstil Genaktivitäten beeinflussen. Prof. Thomas Jenuwein vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg definiert Epigenetik wie folgt: „Epigenetik ist die Weitergabe erworbener Information ohne Veränderung der DNA-Sequenz.“¹
Wie beeinflussen Umweltfaktoren und unser Lebensstil unser Leben?
Die Epigenetik zeigt, dass eine Weitergabe erworbener Eigenschaften möglich ist. Demnach würden nicht nur Kinder, sondern auch Enkel und Urenkel so genannte epigenetische Informationen erben, welche sich wie die DNA in den Chromosomen im Kern der Zelle befinden. Allerdings haben diese nicht direkt mit der DNA-Sequenz zu tun und reagieren im Unterschied zu dieser stark auf Umwelteinflüsse. Konkret handelt es sich dabei beispielsweise um chemische Anhängsel, mit der die Zelle die DNA-Moleküle und die Proteine in den Chromosomen versieht.
Die Vorsilbe „Epi“ stammt aus dem Griechischen und steht für „auf“ bzw. „daneben“. Die Epigenetik beschäftigt sich damit, wie sich das Erbgut neben der DNA selbst verändern kann. Prof. Thomas Jenuwein gehört zu den wenigen Professoren für Epigenetik in Deutschland. Er weiß, dass die Arbeit der Gene auch davon abhängt, wie sie „verpackt“ sind. Diese Verpackung legt letztendlich fest, ob und wie die genetische Informationsumsetzung erfolgt und ob Gene aktiv oder inaktiv sind. Bei der Vererbung wird die Verpackung bei der Zellteilung von einer Zellgeneration an die nächste weitergeben. Die Frage ist, wie Umwelteinflüsse und der individuelle Lebensstil auf diese Mechanismen wirken. Das folgende Video beschreibt die Epigenetik und gibt anschauliche Einblicke:
Wie die Umwelt unser Leben beeinflusst
Die Spanne an Möglichkeiten, wie die Umwelt die Gesundheit des Menschen beeinflussen kann, ist sehr groß. Es gibt eine Reihe von Wissenschaftlern, darunter u. a. am Helmholtz-Zentrum München, die untersuchen, wie sich beispielsweise feine Staubpartikel auf den Menschen, die Entstehung von Diabetes oder die natürliche Resistenz von Pflanzen und Tieren auf bestimmte Bakterien auswirken.² Umwelteinflüsse steuern auf raffinierte Art die Aktivität der Gene. Bereits kleine chemische Veränderungen an den Genen können Sorge dafür tragen, dass diese an- oder abgeschaltet werden. Dieser Prozess startet bereits im Mutterleib: Was die Mutter isst oder trinkt, kann die Stoffwechsel-Gene des Kindes und damit dessen spätere Entwicklung und Gesundheit beeinflussen.³
Der freiberufliche Wissenschaftsjournalist Peter Spork beschreibt in seinem Buch „Gesundheit ist kein Zufall: Wie das Leben unsere Gene prägt - Die neuesten Erkenntnisse der Epigenetik“, dass jeder Mensch durch
- eine gesunde Lebensweise
- inklusive ausreichend Schlaf und Entspannung,
- eine ausgewogene nicht zu kalorienreiche Ernährung
- sowie genügend körperliche Aktivität
seine eigene Gesundheit ein ganzes Stück weit selbst positiv beeinflussen kann. Mit der gezielten Aufklärung, welche Umwelteinflüsse und Lebensstile schädlich sind, sollen Menschen möglichst gute Chancen auf eine freie und normale biologische Entwicklung erhalten.⁴
Quellen:
[1] Epigenetik: Der Stand der Forschung, https://www.newsletter-epigenetik.de/epigenetik-der-stand-der-forschung/, September 2014
[2] Helmholtz-Zentrum München: Wie beeinflusst die Umwelt unser Leben?, https://www.pflanzenforschung.de/de/journal/journalbeitrage/wie-beeinflusst-die-umwelt-unser-leben-404
[3] Nordwig, H.: 04 Epigenetik: wie Umwelt und Verhalten Gene steuern, https://funkkolleg-biologie.de/themen/04-epigenetik-wie-umwelt-und-verhalten-gene-steuern
[4] Spork, Peter: Gesundheit ist kein Zufall. Wie das Leben unsere Gene prägt – die neuesten Erkenntnisse der Epigenetik. Deutsche Verlagsanstalt 2017. ISBN 978-3421047502
Prof. Dr. Jörg Spitz - Epigenetik - nicht die Gene steuern uns – wir steuern unsere Gene
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